Pflege und Konflikte - Warum das soziale Umfeld eine Herausforderung für pflegende Angehörige sein kann

 

Von „Andere Leute haben auch Probleme.“ bis „Du bist immer so negativ.“, als hätte ich nicht schon genug mit der Betreuung meiner pflegebedürftigen, Mutter zu kämpfen, haben mich die Reaktionen aus meinem sozialen Umfeld auf meine belastende Situation, mehr als einmal fassungslos gemacht. Ganz besonders schön waren auch Sätze, die mit „Du musst…“, oder „Warum…“ anfingen, wie „Du musst besser auf Dich aufpassen.“ „Warum setzt Du Dich noch so ein, sie ist doch jetzt versorgt“. Da waren mir die Leute, die einfach abtauchten, um mit dem unangenehmen Thema nicht konfrontiert zu werden, beinahe noch lieber.

 

Pflegende Angehörige erleben verschiedene Schwierigkeiten und Konflikte mit ihrem sozialen Umfeld. Durch die intensive Pflegetätigkeit bleibt oft wenig Zeit, Kontakte, Hobbys und soziales Engagement in Vereinen und Gruppen außerhalb der Familie zu pflegen. Die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen kommt einem Vollzeitjob gleich. Die Anforderungen des Arbeitsplatzes, der sozialen Aktivitäten und der Betreuung der Pflegebedürftigen unter einen Hut zu bekommen ist schier unmöglich und strapazieren das ohnehin schon angespannte Nervenkostüm zusätzlich.

 

Die häufigsten Konflikte pflegender Angehöriger mit ihrem Umfeld im Überblick

  1.  Konflikte mit Arbeitgeber*in und Kolleg*innen

  2. Konflikte mit dem Freundeskreis

  3. Konflikte mit Pflegeinstitutionen

  4. Konflikte durch Hobbys in Vereinen und Gruppen

  5. Konflikte mit sozialem Engagement

1. Konflikte mit Arbeitgeber*in und Kolleg*innen

Häufige Abwesenheiten, fehlende Planbarkeit, oder unflexible Arbeitsmodelle führen zu Spannungen mit Kollegen oder Vorgesetzten. Auch die emotionale Belastung und Erschöpfung bleiben nicht vor der Unternehmenstür. In der Hektik bleibt die Kommunikation auf der Strecke und Arbeitgeber und Kolleginnen fühlen sich übergangen. Oftmals stoßen pflegende Angehörige auf Unverständnis und fehlende Unterstützung seitens des Arbeitgebers. Dies führt zu einer zusätzlichen emotionalen und zeitlichen Belastung und wirkt sich auf die beruflichen Beziehungen negativ aus.

 

2. Konflikte mit Freundeskreis

Die Pflegeverantwortung bringt Veränderungen in Beziehungen zu Freunden mit sich. Wiederholt führt die intensive Pflege dazu, dass keine Zeit bleibt Freundschaften regelmäßig zu pflegen. Es kann vorkommen, dass Freunde und Bekannte einfach nicht wissen, wie sie helfen können. Oder nicht das Verständnis mitbringen, dass die betreuenden Angehörigen sich wünschen. Manche Menschen haben schlichtweg Angst, vor dem unangenehmen Thema. Dadurch wächst die Distanz in den Beziehungen. 

 

3. Konflikte mit Pflegeinstitutionen

Häufig stoßen pflegende Angehörige auf Schwierigkeiten und Hindernisse, wenn es darum geht, die bestmögliche Unterstützung für ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder zu erhalten. Dabei geht es um Fragen der Finanzierung, des Zugangs zu qualifizierten Pflegekräften und um die Durchsetzung ihrer Rechte als Pflegende. Ein häufiger Konfliktpunkt ist die Frage nach ausreichender Unterstützung durch qualifizierte Pflegekräfte. Ob bei Pflegediensten, oder in Pflegeeinrichtungen, die personellen Ressourcen sind in Zeiten des Pflegenotstands knapp und das Personal überlastet. Die Pflegebedürftigen fühlen sich dadurch nur unzureichend umsorgt. Die Kommunikation zwischen den Angehörigen und den Pflegeinstitutionen führt zu Konflikten, da unterschiedliche Erwartungen und Bedürfnisse aufeinandertreffen. 

 

4. Konflikte durch Hobbys in Vereinen und Gruppen

Regelmäßig zum Training gehen, Musik machen, sich im Buchclub austauschen, in der Gruppe eine Sprache lernen…Alles was wir bislang getan haben, um uns zu entspannen und auszudrücken und um sozialen Zusammenhalt zu erleben, ist im Angesicht der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger kaum noch möglich. Dort, den Akku aufzuladen, bleibt auf der Strecke. Wer sich nicht regelmäßig einbringen kann, verliert den Anschluss und lebt zunehmend isoliert.

 

5. Konflikte mit sozialem Engagement

Was für das Engagement in Vereinen gilt, gilt auch für das soziale Engagement, z.B. in Umweltinitiativen, Sozialen Einrichtungen oder Parteien. Wer nicht regelmäßig am Ball bleiben kann, weil Zeit und Energie dafür fehlen, ist schnell außen vor. Innere Konflikte entstehen, weil die pflegenden Angehörigen nicht mehr allen inneren und äußeren Ansprüchen gerecht werden können. Der Rückzug aus allen Aktivitäten der persönlichen Entfaltung, führt zu Unzufriedenheit und Gereiztheit und kann bis in die Depression führen.

 

4 Tipps, wie pflegende Angehörige Konflikte mit dem sozialen Umfeld lösen können

1. Kommuniziere Offen:

Offen zu kommunizieren löst Konflikte bevor sie eskalieren. Sprich Deine Bedürfnisse und Sorgen frühzeitig und klar aus. Höre aktiv zu. Respektiere die Interessen anderer und sucht gemeinsam nach Lösungen.

2. Setze Grenzen:

Es ist wichtig, Deine eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen und diese gegenüber anderen nachvollziehbar zu machen. Du darfst "Nein" sagen, wenn Du Dich überlastet fühlst und eine Pause brauchst. Du darfst ebenfalls Grenzen setzen, wenn Dich ebenso wohlgemeinte wie wenig hilfreiche Ratschläge verletzen.

 

3. Spreche Konflikte möglichst früh an:

Je früher Du Konflikte ansprichst, desto einfacher könnt Ihr eine eine Lösung finden. Dadurch sparst Du Zeit und Nerven, die Dir für wichtigere Aufgaben bleiben.

 

4. Suche Dir Unterstützung:

Niemand kann den Pflegealltag allein bewältigen. Nimm Hilfe aus Familie und Freundeskreis an. Finde lokale Unterstützungsangebote wie Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen für pflegende Angehörige. Suche Dir Entlastung auf allen Ebenen. Damit reduzierst Du Deine Belastung und behältst mehr Kraft für Dich und Deine herausfordernde Pflegetätigkeit.

 

Die Herausforderungen der Pflege können überwältigend sein. Zusätzlich sind Konflikte ein häufig auftretendes belastendes Phänomen. Pflegende Angehörige neigen dazu, sich selbst hintenanzustellen und ihre eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es in Ordnung ist, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und Unterstützung anzunehmen.

 

Rückhalt können Menschen geben, die in ähnlichen Situationen vor den geleichen Problemen stehen. 

 

Wenn die Konflikte Deinen Pflegealltag dominieren, bekommst Du im Online Kurs „Keine Zeit für Streit – Wie Angehörige und Pflegebedürftige gemeinsam Konflikte lösen“ wertvolle Kommunikationstipps, die Dir helfen Konflikte mit den Pflegebedürftigen, Deinem Umfeld und den Institutionen der Pflege zu minimieren.

 

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Noch ein Tipp:

 

In Bremen unterstützt das Netzwerk Selbsthilfe pflegende Angehörige mit Selbsthilfe Gruppen und Beratung. Mehr Info erhältst Du hier....

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