Wie heißt das Zauberwort? NEIN! Warum Konflikte mit Pflegebedürftigen entstehen und erste Schritte zur Konfliktlösung

Nein ist das magische Wort, das all Deine Bemühungen, es Deinen pflegebedürftigen Angehörigen leichter zu machen, auf wundersame Weise in Luft auflöst.

 

Ein Beispiel: Wir sitzen mit ihrer Ärztin am Bett meiner Mutter. Meine Mutter hat Angst, zu fallen, wenn sie in der Nacht mehrfach auf Toilette gehen muss und dass dieser Sturz verheerende Folgen für sie haben könnte.

Ihre Ärztin macht ihr mehrere Vorschläge zur Lösung der Problematik:

  • „Sie könnten es in die Einlage laufen lassen und der Nachtdienst, gibt Ihnen regelmäßig eine neue Einlage.” - „Das funktioniert nicht, weil die keine Zeit haben!“
  • „Sie können klingeln und sich begleiten lassen. Das Personal hilft Ihnen gerne.” – „Nein, die haben doch keine Zeit!“
  • „Wir könnten Ihnen den Toilettenstuhl ans Bett stellen.“ – „Nein, das ist so eng und dann komme ich nicht an meinen Rollator.“
  • „Wir könnten das Bett weiter in den Raum stellen, den Rollator auf die eine Seite, den Toilettenstuhl auf die andere.” – „Nein, ich könnte aus dem Bett fallen!“

 

Die Ärztin ist mit ihrem Latein am Ende und ich mit ihr. In mir steigt neben Verzweiflung auch Wut hoch. Meine Mutter fühlt sich nach wie vor hilflos und verängstigt.

 

Viele Angehörige nehmen ihre pflegebedürftigen Eltern, als stur wahr, wenn diese sich gegen Lösungsvorschläge sträuben. So z.B. auch die alte Frau, die ihren dementen Ehemann zuhause pflegt und deren Söhne befürchten, dass sie darüber selbst krank wird. Sie gönnt sich keine Pause, möchte ihren Mann nicht allein lassen und lehnt sowohl den ambulanten Pflegedienst als auch eine 24 Stunden Pflege im Haus, oder die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung ab, weil niemand besser wissen könne als sie selbst, was ihr geliebter Ehemann benötigt. Als sie nach langen Diskussionen, einer 24 Stunden Pflege im Haus zustimmt, sitzt der Pfleger die meiste Zeit in seinem Zimmer, weil sie nach wie vor einen Großteil der Pflege übernimmt. Ihr Söhne müssen die Grenzen ihrer Möglichkeit erkennen, die notleidenden Eltern zu unterstützen.

 

Der Kampf der Pflegebedürftigen für ihre Autonomie und Unabhängigkeit als Auslöser von Konflikten

 

Der Verlust von Autonomie und Unabhängigkeit durch die zunehmende Beeinträchtigungen ist sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für deren Angehörige eine emotionale Zerreißprobe. Während die betreuenden Angehörigen versuchen, die Versorgung sicherzustellen, widersetzen die Pflegebedürftigen sich oftmals sehr vehement den wohlwollenden Vorschlägen, lehnen notwendige Hilfe ab, um so lange wie möglich selbst bestimmt leben zu können. Selbst, wenn dies nicht mehr gefahrfrei möglich ist. Dadurch entstehen Meinungsverschiedenheiten zwischen pflegebedürftigen Eltern und ihren Angehörigen über den Wohnort und die Pflegeoptionen.

 

Veränderte Rollenverteilung als Ursache für Konflikte zwischen erwachsenen Kindern und ihren pflegebedürftigen Eltern

 

Ein weiterer Grund für Konflikte zwischen Pflegebedürftigen und ihren Kindern ist, dass die Rollenverteilung durch die Pflege auf den Kopf gestellt wird. Vielen Eltern fällt es schwer, sich etwas von Ihren Kindern sagen zu lassen. Sie leben immer noch in einer gedanklichen Welt, in der sie das Sagen haben, selbst wenn die Kinder inzwischen Erwachsen und selbst Eltern sind und ihr Leben eigenverantwortlich meistern.

Auch sorgen unterschiedliche ethische Einstellungen zu medizinischen Behandlungen für Missstimmungen. Zudem bieten die finanziellen Angelegenheiten ebenfalls hohes Konfliktpotenzial.

 

Kommunikation als Schlüssel zur Konfliktlösung bei der Betreuung pflegebedürftiger Eltern

 

Ein erster Schritt in Richtung Lösung dieser vielen Konfliktfelder bei der Betreuung der pflegebedürftigen Eltern ist, sich selbst in die Lage der Pflegebedürftigen zu versetzen und die Bedürfnisse und Emotionen, die zum Widerstand führen, wahrzunehmen. Auch die Wahrnehmung der eigenen Emotionen, wie Ärger, Wut, Überforderung und Verzweiflung, hilft, angemessener und souveräner dem Widerstand der Pflegebedürftigen zu begegnen.

 

Wie würde es mir gehen, wenn ich in der Lage wäre? Wäre es für mich angenehm, wenn ich die Kontrolle über meine Körperfunktionen verliere? Wie würde ich mich fühlen, wenn ich meine Autonomie verliere und meine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, auf Hilfe angewiesen bin? Würde ich nicht auch, darum kämpfen, meine Autonomie zu beschützen, soweit es möglich zu sein scheint?

 

Der zweite Schritt ist neben Ruhe zu bewahren, Verständnis für die Lage und die Wünsche der pflegebedürftigen Person zu zeigen, denn dass macht es ihr leichter, Lösungsvorschläge zu akzeptieren. Kommunikationsmethoden wie das Aktive Zuhören, Kommunikatives AIKIDO und das Harvard Modell sind dafür hilfreiche Werkzeuge. Sie bereiten den Weg dafür, die pflegebedürftige Person, dort abzuholen, wo sie gerade ist und es ermöglicht ihr, Vorschläge und Hilfe besser annehmen zu können.

 

Eine offene und respektvolle Kommunikation ist entscheidend, um diese Konflikte zu lösen. Wenn die Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen beider Seiten berücksichtigt werden, können Konflikte reduziert werden. Wo dies aus eigenen Kräften nicht möglich ist, unterstütze ich Euch gerne, die Konflikte zu lösen, damit Ihr Eure verbleibende gemeinsame Zeit, friedlich miteinander verbringt.

 

Für die Kommunikation mit meiner Mutter war der Gamechanger, dass ich diese in vielen Kommunkationstrainings unterrichteten Methoden angewendet habe. Wir konnten das Problem mit den nächtlichen Toilettengängen lösen, indem wir mit dem Pflegepersonal vereinbart haben, regelmäßiger in der Nacht nach ihr zu sehen, und ihr anzubieten, sie zur Toilette zu begleiten, oder ihre Einlage auszuwechseln. Dadurch konnte sie das Vertrauen gewinnen, mit ihren Ängsten nicht allein gelassen und gut betreut zu sein. Meine Mutter hat sich deswegen deutlich entspannt und über die Zuwendung gefreut.

 

Wie Du Deine Konfliktlösungskompetenz im Umgang mit Deinen pflegebedürftigen Angehörigen stärkst

 

Wenn Du Dir Unterstützung wünschst, stärke ich Dich dafür, Deine Konflikte mit Deinen pflegebedürftigen Eltern zu lösen. Wende Dich an mich für ein individuelles Coaching, oder melde Dich zu dem nächsten Kurs „Keine Zeit für Streit – Wie Angehörige und Pflegebedürftige gemeinsam Konflikte lösen.“ ab 23.01.2023 an. Tausche Dich hier in einer wertschätzenden Atmosphäre mit Gleichgesinnten aus und erfahre, wie Du die Konflikte mit Deinen pflegebedürftigen Eltern schneller löst.

 

Mehr Infos zum Kurs 

Extra: Überblick Konflikte mit Pflegebedürftigen Angehörigen

 

  1. Autonomie und Unabhängigkeit: Pflegebedürftige Eltern möchten oft so unabhängig wie möglich bleiben, während erwachsene Kinder möglicherweise versuchen, mehr Kontrolle über die Sicherheit und das Wohlbefinden ihrer Eltern auszuüben. Dies führt zu Spannungen , insbesondere wenn die Eltern sich gegen Hilfe sträuben.
  2. Widerstand gegen notwendige Pflege: Missverständnisse in Bezug auf den tatsächlichen Pflegebedarf und wie dieser kommuniziert wird, führen zu Konflikten. Die Eltern möchten möglicherweise nicht als "pflegebedürftig" gelten, während die Kinder besorgt sind und Hilfe anbieten. Pflegebedürftige Eltern widersetzen sich dann dagegen, die erforderliche Pflege oder Unterstützung anzunehmen. Dies führt zu Konflikten, wenn die Kinder mit Druck versuchen, die Eltern dazu zu bewegen, notwendige Maßnahmen zu akzeptieren.
  3. Veränderungen in der Rollenverteilung: Die Umkehrung von Rollen, wenn Kinder plötzlich in eine pflegende Position für ihre Eltern geraten, kann zu Konflikten führen. Dies betrifft insbesondere den Übergang von der Eltern-Kind-Beziehung zu einer dynamischeren Beziehung zwischen erwachsenen Kindern und Eltern.
  4. Finanzielle Angelegenheiten: Die finanzielle Unterstützung der pflegebedürftigen Eltern führt zu Konflikten, besonders wenn es um unterschiedliche Ansichten über die Verwaltung des Geldes, der Renten oder die Verteilung der Erbschaft geht.
  5. Wohnort und Pflegeoptionen: Es kann Meinungsverschiedenheiten darüber geben, wo die Eltern leben sollen (z.B., zu Hause, betreutes Wohnen, Pflegeheim). Kinder und Eltern entwickeln unterschiedliche Vorstellungen darüber, was die beste Pflegeumgebung ist.
  6. Mangelnde Kommunikation zwischen den Generationen: Die Generation der jetzt Pflegebedürftigen, ist als Kriegs- und Nachkriegskinder zu einer Zeit aufgewachsen, in der nicht angebracht war über Gefühle zu sprechen. Den Eltern wurde nicht widersprochen und das erwarten sie auch von ihren Kindern. Für die Kinder, die in anderen Zeiten aufgewachsen sind, ist dieses Verhalten schwer nachvollziehbar. Sie erwarten, mit ihren Eltern auf Augenhöhe zu kommunizieren. Erreichen mit dieser Form der Ansprache aber nicht ihr Gegenüber. Welten prallen aufeinander.
  7. Ethische Entscheidungen und medizinische Behandlungen: Wenn unterschiedliche Meinungen darüber bestehen, welche medizinischen Behandlungen angemessen oder notwendig sind. führt dies zu ethischen Dilemmata u.A., wenn es um Lebensverlängerung, palliative Pflege oder schwierige Entscheidungen am Lebensende geht.

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